Zehn Jahre Profifussball sind genug

Mo, 06. Mär. 2017

Mit dem Cup-Spiel zwischen dem FC Aarau und dem FC Luzern ging im Brügglifeld im Stillen eine Ära zu Ende. Der Staffelbacher Jean-Pierre Frey kümmerte sich während rund 300 Spielen um das Wohlbefinden der Fussballprofis, nun zieht er sich vom «Spitzensport» zurück und konzentriert sich auf sein eigenes Geschäft.

 

Jean-Pierre Frey sitzt zusammen mit den Leuten von der Geschäftsstelle im kleinen Pausenraum im Brügglifeld. Die Kaffeemaschine surrt, man erzählt sich die letzten Neuigkeiten. Immer wieder verliert man sich in Erinnerungen aus der Vergangenheit; auch Cup- Geschichten machen die Runde: «Einmal haben wir einen riesigen Umweg gemacht» erinnert sich der Staffelbacher. «Die Reise sollte von Aarau nach Sitten führen, wo der Viertelfinalgegner FC Sion wartete. Der «Medical Staff» macht sich jeweils einige Stunden vor der Mannschaft auf den Weg und wir schafften es in Bern tatsächlich Richtung Lausanne zu fahren.» Das bedeutete schon mal einen Umweg von einer Stunde, dazu kamen Feierabendstaus in Vevey und Martigny. «Im allerletzten Moment kamen wir in Sion an, ehe der Schiedsrichter die Partie wegen unbespielbaren Terrains absagte.»

Fliessende Übergänge
Frey schmunzelt, wenn er sich an diese Geschichten erinnert. Angestellt war er beim FC Aarau als Medizinischer Masseur. Gearbeitet hat er als «Mädchen für fast alles»,wie er scherzt. Essen einkaufen, Reisen vorbereiten, Wäsche sortieren – «beim FC Aarau sind die Übergänge der Aufgabenaufteilung fliessend», bringt der Staffelbacher mit einem Augenzwinkern an. «Aber das ist ok so. Man erlebt sehr viel in der Fussballwelt. Als ich vor 10 Jahren – damals noch beim FC Luzern – im Fussballbusiness anfing, lernte ich nicht nur die Profis, sondern auch die menschliche Seite der Stars aus nächster Nähe kennen. Das können nicht viele von sich behaupten und damals ging für mich natürlich ein Bubentraum in Erfüllung.» Und auch hier schliesst sich ein Kreis: Während 5 1/2 Jahren arbeitete Frey beim FCA mit Marco Dobler zusammen – den es just zum FC Luzern zog.

Muskeln statt Teig
Selber habe er zwar auch Fussball gespielt und dabei alle Juniorenabteilungen beim FC Aarau durchlaufen. «Mein Talent reichte dann aber doch nicht.» Nach der Ausbildung zum Bäcker-Konditor arbeitete er anschliessend viele Jahre auf diesem Beruf. Im Laufe der Zeit bildete er sich zum Medizinischen Masseur aus. «Dann kam der Zeitpunkt, anstatt Teig Muskeln zu kneten», lacht Frey. Dank zahlreichen Weiterbildungen wagte er schliesslich den Laufbahnwechsel und ist seither selbstständig im Bereich der Sportmassage tätig. Auch Rheumapatienten und Menschen mit chronischen Rückenschmerzen gehören zur Kundschaft in seiner Praxis im Einfamilienhaus in Staffelbach. «2009 wechselte ich zum FC Aarau und machte die Ab- und Aufstiege mit dem FCA mit. Eine sehr spannende Zeit, während der ich viele interessante Menschen kennenlernen durfte.»

Praxis im eigenen Hause
Mit dem Cup-Match gegen den FC Luzern ist das Kapitel Spitzensport für den 54-Jährigen vorderhand beendet. Er wird es nicht mehr aus nächster Nähe erleben, ob ein Sandro Burki nach dem harten Foul eines Luzerners buchstäblich wieder auf die Beine kommt – das ist die andere Seite seines bisherigen Berufs. Die Schicksale von verletzten Spielern laufen auch im Stillen ab, da wo die Medizinischen Masseure Hand anlegen. Natürlich werde er die Geschehnisse rund um den FCA weiterhin beobachten. «Einmal», fällt Frey bereits das nächste Erlebnis ein – «haben wir einen Spieler im Wald verloren. Der Parcours war zwar gut ausgeschildert, aber dieser Testspieler kannte sich im Wald nicht aus, rannte trotzdem voraus und bog prompt falsch ab, während der Rest der Mannschaft den richtigen Weg wählte.» Erst Stunden später sei er völlig aufgelöst zurückgekehrt, «einen Vertrag hat er glaube ich nicht bekommen».

Wieder lacht der Staffelbacher, dem man die Freude an seiner Arbeit gut anmerkt. Die Emotionen nach dem Spiel gegen den FC Luzern werden ihn noch ein Weilchen begleiten. «Der Abschied am Mittwoch – einfach grandios.» Nun will sich Jean-Pierre Frey voll auf seine selbstständige Tätigkeit als Medizinischer Masseur und Sporttherapeut konzentrieren und verlegt seinen Arbeitsplatz ganz nach Staffelbach. Gewiss wird er sich an die Zeit im Profifussball weiterhin erinnern, wenn er die Muskeln seiner Kunden in Staffelbach zurecht drückt.

Text: Remo Conoci – Bilder: Sarah Rölli (2), Remo Conoci

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