Leben im Star Wars-Universum

Fr, 15. Dez. 2017
Andreas Wintergerst (links) und Mike Hasenfratz vor dem «WOG», wo sich die Gefolgen der dunklen Seite der Macht kennengelernt haben. (Bild: Remo Conoci)

Andreas Wintergerst und Mike Hasenfratz sind das, was man «eingefleischte» Star Wars- Fans nennen könnte. Doch für die beiden ist die Welt der Jedi- Ritter und der Klonkrieger mehr als ein Hobby.

 

Von Remo Conoci

Gestern startete der neuste Kino- Film der Star-Wars-Saga mit Premieren kurz nach Mitternacht. Keine Sorge: in diesem Artikel wird nicht «gespoilert», kein Wort wird über den Inhalt verloren. «Als ich vor zwei Jahren noch zu jung war, um mitten in der Nacht ins Kino zu gehen, vermied ich jeden Kontakt mit Kollegen, die den Film schon gesehen haben.» Das sagt Mike Hasenfratz, heute 19 Jahre alt, über den siebten Film der Serie, der 2015 erschienen ist. Mit ihm am kleinen Tisch in einem Oberentfelder Bistro sitzt Andreas Wintergerst, 33 Jahre alt. Auch er sagt, Spoiler seien ganz schlimm, gerade bei Filmen, auf die man so lange gewartet hat.

Bis hierhin wirken die beiden jungen Männer ganz gewöhnlich. Sie könnten genau so gut über ihren liebsten Fussballclub oder ihre Briefmarkensammlung gesprochen haben. Doch die beiden sind anders. Sie sind Mitglieder der «501st Legion» der imperialen Streitkräfte. Eine nicht zu unterschätzende Einheit, die Darth Vader auf dem Feldzug der dunklen Macht folgt und immerhin schon zweimal über einen Todesstern verfügte.Allerdings vor langer Zeit, in einer Galaxie, weit, weit entfernt, wie es zu Beginn jedes Films heisst. In der realen Welt ist die 501st Legion der einzige offizielle, von Erfinder George Lucas anerkannte Fan-Club, mit weltweit um die 11’000 Mitglieder.

«Die Freizeitplanung dreht sich mehrheitlich um Auftritte,
Events und ganz besonders um Charity-Aktionen.»

(AndreasWintergerst, Lenzburg, 501st Legion, Mitglied-Nr. TB 16784)

Das sind angesichts der Millionen Star-Wars-Fans gar nicht so viele. Wer der Legion beitritt, muss sich aber an genaue Regeln halten,Kostüme werden nach exakten Vorgaben angefertigt, es gibt einen Verhaltenskodex und gross geschrieben wird der karitative Gedanke – obwohl in der 501st Legion nur die dunkle Seite der Macht vertreten ist. Wer lieber Kostüme der hellen Seite trägt, schliesst sich der «Rebel Legion» an, die im realen Leben ähnliche Ziele wie die imperiale Legion verfolgt. Die Mitgliedsnummer bleibt bis über den Tod hinaus exklusiv. Die Schweizer Vertretung der 501. Legion nennt sich «Swiss Garrison» und wurde 1998 gegründet. Dass sich dabei die Realität mit der fiktiven Welt im besonderen Masse vermischt, ist gewollt. Andi und Mike sind nicht einfach angefressen oder eingefleischt, sie erleben das Star Wars- Universum als Teil ihres Lebens. «Meine Freizeitplanung», sagt Wintergerst, «dreht sich mehrheitlich um Auftritte, Events und ganz besonders Charity- Aktionen.»

Cosplay-Events
Bei diesen verwandelt er sich in eine seiner sieben Charaktere, deren Kostüme er massgeschneidert und detailgetreu produziert hat. Neben «Spiderman» und einer männlichen Ausgabe von Lara Croft, verwandelt er sich auch in die StarWars-Figuren eines Imperialen Offiziers, oder jene eines «Scout Troopers». Der jüngere Mike Hasenfratz hat sich bisher zwei Kostüme zugelegt: Ein Clone Trooper und ein Mandolorianer-Krieger. Tausende Franken haben die beiden für ihre Kostüme ausgegeben, ganze Wochenenden undAbende gehen für sogenannte Cosplay-Events drauf, ganz besonders jetzt, nach der Erscheinung des neusten Kinostreifens «Star Wars Episode 8: Die letzten Jedi». Cosplay bedeutet, sich durch Kostüm und Verhalten in eine Fantasie-Figur zu verwandeln. Meistens dürfen die sich engagierenden Gruppen den Film gratis sehen oder sie bekommen für ihren Einsatz Verpflegung. Auch Gagen werden manchmal bezahlt – «diese spendieren wir grösstenteils Hilfswerken.»

Der Lehrlingslohn geht drauf
«Für ein Kostüm eines Clone Troopers », fügt Mike Hasenfratz an, «braucht es viel Geld und Geduld.» Einerseits gibt es nur wenige Firmen, die Teile dafür produzieren können, andererseits ist in einer verbindlichen Datenbank genau beschrieben wie die Elemente einer Uniform auszusehen haben. «Es sind Einzelanfertigungen. Für die Figur des Clone Troopers brauchte ich viele Monate, bis sie vollendet war und gekostet hat sie mich etwa 1400 Franken». Die Frage drängt sich auf:Wie bezahlt man sowas? «Vom Lehrlingslohn», lacht Mike, der im dritten Lehrjahr als Koch im Altersheim Oberentfelden arbeitet.Und die vielen Events, an denen er und viele seiner Kollegen stundenlang mit ihren Kostümen auftreten? «Alles auf eigene Kosten », bestätigt Andi Wintergerst.

«Viele sind mit den Filmen aufgewachsen.
Wie könnte man da nicht ein Teil davon sein wollen!»

(Mike Hasenfratz, Oberentfelden, 501st Legion, Mitglied-Nr. CC98011)

So auch kurz nach dem Star des neusten Kinofilms. Mindestens sechs Mitglieder der «501st Legion» sind ab 17 Uhr in Schöftland und werden für verzückte (Kinder-)Augen sorgen. «Das ist der grösste Lohn überhaupt», schwärmen beide. «Die Freude in den Gesichtern der Kinder ist unbeschreiblich, aber auch Erwachsene, welche den ersten Film bereits 1977 gesehen haben sind oft fasziniert, einem echten «Stormtroopler » oder gar Darth Vader zu begegnen», sagen Mike und Andi unisono. «Viele sind mit den Filmen aufgewachsen. Wie könnte man da nicht ein Teil davon sein wollen! In den Kinofilmen applaudieren die Leute, wenn zu Beginn des Films das StarWars-Logo erscheint.» Und sie werden Tränen in den Augen haben, wenn die inzwischen verstorbene Carrie Fisher noch ein letztes Mal als Prinzessin Leia auftreten wird.

Hier schliesst sich der Kreis
Die Grenzen zwischen Fantasie und Realität verschmelzen erneut.Andi wird mit seiner Freundin und seinem zwölfjährigen Sohn in Schöftland erscheinen, Mike ist ebenfalls dabei und wird erst einmal eine Weile brauchen, um sich in sein Clone-Krieger-Kostüm zu zwängen. Ein praxisuntaugliches Teil sei es. «Man kann kaum sitzen und im Sommer wird es heiss darin.» Trotzdem würde er sich während eines Events niemals des Helms entledigen. «Wenn ich ein Krieger bin, spiele ich meine Rolle.Klar, ich verstecke mich auch hinter der Maske und kann jemand sein, der ich im echten Leben nicht bin. Aber im Kostüm bin ich Teil von StarWars und nicht Mike, sondern gehe in dieser Rolle voll auf.» Genau so sieht es auch Andi: «Als Imperialer Offizier trage ich keine Maske, doch behalte ich die Mimik, als wäre ich wirklich ein herzloser Kriegsführer. » Natürlich erfülle man auch Selfie- Wünsche und man sei für jeden Spass zu haben. «Aber ein Diener Darth Vaders lächelt nicht. Punkt.»

 

Für das Wynentaler Blatt präsentieren sich die beiden Akteure in voller Montur. Schnell geht das nicht: die Kostüme sind in grossen Boxen verstaut, die in einem Raum des «World of Games» in Oberentfelden lagern. Andi arbeitet hier und lernte Mike vor ein paar Jahren kennen. In der Sache vereint wachsen natürlich auch Freundschaften und der Spass an neuen Kostümen und Abenteuern geht bestimmt nicht aus: Für die nächsten Jahre sind noch einige neue «Star Wars»-Filme angesagt.

Bilder im Lauftext: Mike Hasenfratz, als Clone Captain Rex auf dem Waldmond von Endor. (greencat/zVg.);
Andi Wintergerst als Imperialer Stormtrooper, mit ehrfürchtigem Fan. (DubTap/zVg.)

 

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