Vor einer Woche kam es in der Schoren zwischen Oberkulm und Gontenschwil zu einem fürchterlichen Unfall. Zwei Fahrzeuge prallten auf der 80er-Strecke seitlich frontal ineinander und kamen in der Wiese zum Stillstand. Die verletzten Personen konnten die Autos glücklicherweise selbstständig verlassen. Ein drittes Fahrzeug kollidierte mit Trümmerteilen, die beiden Insassen blieben unverletzt, darunter auch der Autor dieses Artikels.
Der Unfall ereignete sich am Donnerstagabend, als es schon dunkel war. In einem der beiden Fahrzeuge sass eine Mutter mit ihrem vielleicht dreioder vier Jahre jungen Kind, im anderen Auto ein älterer Herr. Beim Unfall löste sich offenbar die komplette Radaufhängung des einen Fahrzeugs und blieb auf der Strasse liegen. Wie sich später herausstellen wird, flog eines der Räder 100 Meter weit weg, das andere Rad war nicht einmal mehr als solches erkennbar. Tausende Kleinteile waren auf der unbeleuchteten Strasse verteilt.
Auf der Fahrt zum Weihnachtsessen sagte ich mit Blick aus dem Seitenfenster zu meiner Begleiterin noch: «Oh, schau, ein Auto in der Wiese und da steht jemand», als sich die besagte Radaufhängung mit dem Unterboden meines Autos und der Strasse verkeilte. Ächzend blieb das Auto stehen. Wir stiegen aus, meine Begleiterin stellte sich auf die Strasse und versuchte, die aus Gontenschwil herannahenden Autos anzuhalten, während ich mit dem «117ni» am Ohr nach den Unfallbeteiligten schaute. Zum grossen Glück hatten alle Schutzengel gerade etwas Zeit, denn schlimme Verletzungen waren nicht auszumachen. Mit Blick auf die beiden zerstörten Autos eigentlich ein Wunder. So gut es ging sicherten wir die Unfallstelle ab und warteten auf die Polizei.
Von Idioten …
Was hiernach abging, lässt diesen Artikel aber erst entstehen, denn selten im Leben liegen Ignoranz, Idiotie, Hilfsbereitschaft, Glück und Dankbarkeit so nahe beieinander. Als Idioten – so viel Zeit sei diesen gegönnt – sind jene Automobilisten zu bezeichnen, die trotz Haltezeichen mit völlig übersetzter Ge- schwindigkeit über die Trümmerteile bretterten und ohne sich wenigstens nach dem Schaden zu erkundigen einfach weiterfuhren. Eine Frau beschwerte sich sogar, ich soll aus dem Weg gehen und packte noch ein paar Beleidigungen aus.
… und Engeln
Nachdem die ersten Polizeibeamten eintrafen, ging es Zug um Zug. Mehrere Rettungswagen und Polizeiautos der Regional- und der Kantonspolizei und der Verkehrsdienst der Feuerwehr Mittleres Wynental kümmerten sich um die Belange aller Geschädigten, betreuten sie, nahmen Protokolle auf, hielten alles Nötige fest oder hörten einfach nur zu. Auch die Ölwehr kam zum Einsatz, später eine Reinigungsequipe. Nie wieder werde ich den einen Polizisten vergessen, der gerade den ganzen Einsatz koordinierte und die Ruhe fand, einen der «Raser» anzuhalten, um ihm die Leviten zu lesen. Die Geduld und die Professionalität aller Einsatzkräfte haben mich sehr beeindruckt und beruhigt zugleich. Gut 30 Leute waren inzwischen im Einsatz, darunter auch der ganz am Anfang herbei geeilte Bauer und der Vater des verunfallten Kindes, der sich um die Kleine kümmerte. Zu keiner Zeit kam Hektik auf, alle wussten genau, was sie zu tun hatten. Diese Engel der Nacht verdienen höchsten Respekt und was bin ich dankbar, dass wir in einem Land leben, in dem ein Anruf genügt, damit vieles wieder in Ordnung kommt.
Das Auto des Schreibenden blinkte noch ein bisschen vor sich her, ehe es wie die beiden anderen Fahrzeuge abgeschleppt wurde. Als meine Begleiterin und ich uns doch noch zum gemütlichen Weihnachtsessen gesellen konnten, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Auch wir hatten im Dunkel Oberkulms ein paar Schutzengel an Bord. Wäre die Radaufhängung nur ein bisschen anders da gelegen, wären wir möglicherweise auf den Gleisen der WSB gelandet.Wäre nur einer der Unfallbeteiligten im Schock auf die Strasse getorkelt (der ältere Herr war laut Polizeimeldung alkoholisiert) oder wäre sogar jemand verletzt am Boden gelegen – man will das gar nicht fertig denken.
Danke an all diese Engel der Nacht. rc.


Neuen Kommentar schreiben