Mit dem Motto «Eine (fast) wahre Geschichte» arbeitet der Turnverein Satus Gränichen ein Stück dunkler Vergangenheit auf humorvolle wie sportliche Art auf.
aw. Basis des turnerischen Geschehens ist ein von der Heimatvereinigung Gränichen herausgegebenes Büchlein mit dem Titel «Vier Kaspare wandern aus» von Max Byland aus dem Jahr 1979. Vier Familien aus Gränichen wanderten 1856 in einem Trupp von 138 Erwachsenen und 76 Kindern nach Argentinien aus. Der historische Hintergrund animierte das achtköpfige Crea-Team, mit Christian Hohl an der Spitze, einen erstklassigen Turnerabend auf die Bühne zu zaubern.
Historisches Bühnenspektakel
Die Frauen Arber, Kaufmann, Sager und Stirnimann agieren als geschichtsträchtige Figuren zwischen den Turnund Tanzshows, auch in den Gängen. Mitten in der Nacht liess der Rat in einer eilig einberufenen Gemeindeversammlung abstimmen, nur Männer hatten Stimmrecht. Mit der Übergabe von 500 Schweizer Talern an die Familienvorstände war die «Abschiebung» beschlossene Sache – so viel zum historischen Bühnenspektakel. In Antwerpen warteten das Schiff, aber auch leicht bekleidete Damen. «Hafenhuren» nannte sich die Choreografie der Turner mit wenig Stoff, aber Riesenbrüsten. Ein kreatives Schattenspiel stellte das Passieren des Zolls beim Einschiffen dar, die anzüglichen Szenen hätten anders kaum so effektvoll gewirkt.
Schiffsreisen im 19. Jahrhundert waren alles andere als reines Vergnügen. «Unwetter» brachten das Schiff ins Schlingern, die Passagiere litten unter «Seekrankheit». Auch reiche Leute nahmen dieselbe Route, eine Ms. Sophie mit Butler bereicherte das «Leben auf dem Schiff». Die «Matrosen» angelten eine Meerjungfrau – soweit zu den Turnnummerntiteln. Die Bettszene der Auswanderin mit einem Matrosen erntete Applaus – in der Hauptrolle eine Bettpfanne für die Notdurft. Die Statements «Erschöpft ist mein Mann, in einigen Jahren wird man Burnout dazu sagen» und «Vom Stockfisch habe ich langsam genug» beschrieben das Leben an Bord.
Im Land der Sehnsucht angekommen
«Argentinien hört sich vielversprechend an, dazu kommt das viele Geld, das man von der Gemeinde erhält», stellte eine der Frauen zu Beginn der (fast) wahren Geschichte fest. Eine andere pochte auf ihre Intelligenz: «Ich kann lesen, aber nicht waschen». Schon die Zugfahrt war ein Abenteuer, «Der Zug hat keine Bremse» untermauerte musikalisch neben anderen fetzigen Titeln die Auftritte. Ob die Männer in Antwerpen Geld im Freudenhaus verprassten? Der Song «Voulez-vous coucher avec moi ce soir» liess es vermuten und die Gäste auf dem VIP-Balkon fanden sich plötzlich im Rote-Laternen-Quartier wieder. «Put on the red light, Roxanne», bekannt durch «Sting», passte dazu. Nicht fehlen durfte Nathan Evans See-Shanty «Wellerman». Angekommen im Land der Sehnsucht tanzten die Turnerinnen «Tango Argentino».
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