Für die neue Blickwechsel Reportage darf ich Peter Wyss, dem Leiter der Hallwilersee Rangers, einen Morgen lang bei seiner Arbeit über die Schultern schauen. Die Ranger sind für den Baldeggersee sowie den Hallwilersee zuständig und haben ein breitgefächertes Tätigkeitsfeld, um Mensch und Natur im Einklang zu halten.
jaf. Nun muss ich zugeben, sonderlich viel weiss ich nicht über die Hallwilersee Ranger. Ich kenne und liebe den Hallwilersee, seit ich ein Kind war und es gibt mir ein gutes Gefühl zu wissen, dass es Menschen gibt, die sich für «Die Perle des Mittellandes» einsetzen. Dementsprechend ist meine Vorfreude gross, genau einen dieser Menschen persönlich kennenzulernen. Unser Treffpunkt ist der Campingplatz in Mosen. Von dort aus arbeitet Peter Wyss in den Monaten Juli und August nicht nur, sondern lebt auch auf dem Camping Seeblick.
Arbeitsbeginn
Es ist 9 Uhr morgens bei meiner Ankunft. Eine herrlich kühle Brise ist spürbar, die Sonne lächelt und im Hintergrund ist der fröhliche Gesang der Vögel wahrzunehmen. Beim Eingang vom Camping kommt mir Peter Wyss bereits lächelnd entgegen. Zusammen spazieren wir durch den noch verschlafenen Campingplatz Richtung Steg. Der Ranger macht deutlich: «Man muss es wollen. Ranger ist kein Beruf, nur um Geld zu verdienen.» Im Verlauf des Morgens werde ich verstehen, was er damit meint.
Am Steg angekommen, tut sich uns ein wunderbarer Blick auf einen noch menschenleeren See auf. Ich hole tief Luft, geniesse den Augenblick und denke mir: «Was für ein grossartiger Start in den Arbeitstag». Wyss arbeitet seit 12 Jahren als Hallwilersee Ranger und hat seit zwei Jahren die Leitung inne. Nicht verwunderlich, dass er immer wieder von den vorbeilaufenden Seebesuchern begrüsst wird. Der, wie er sich selbst nennt, «menschenliebende» Ranger grüsst zurück und hat oft einen lockeren Spruch auf den Lippen.
Wyss erklärt mir: «Hier verschaffe ich mir einen ersten Überblick.» Bei der Planung seines Arbeitstages, beziehungsweise seiner Route, sei es wichtig, dass kein Muster entstünde, damit seine Route unvorhergesehen für die Besucher bleibe. Allerdings ändert er heute den Arbeitsablauf ein wenig, da mit mir als «Pressefrau» im Schlepptau, die Stimmung bei einer heiklen Situation schnell kippen könnte und die Sicherheit aller, immer Priorität hat. Ich erfahre, dass die Rangers an einem Tag bemerkenswerte 15 bis 20 Kilometer zu Fuss zurücklegen. Dabei besuchen sie sogenannte «Hot Spots», Orte, an denen viel los ist. «Vorrausschauen ist wichtig und die Menschen von weitem lesen können», sagt er mit Nachdruck. Denn nicht selten kann es zu gefährlichen Situationen kommen, gerade wenn Alkohol im Spiel sei. Nun sind, um diese Zeit in der Regel noch keine alkoholisierten Menschen anzutreffen, dennoch bin ich nach diesen Informationen ebenso froh, dass wir eine «sanftere Tour» ablaufen werden und ich mir mit meinen Alltags-Sneakers schmerzvolle Blasen an den Füssen ersparen kann.
Wahre Allrounder
Wir gehen weiter Richtung Aesch, während ich mehr über die Eigenschaften eines guten Rangers erfahre. Dabei ist es Peter Wyss wichtig zu betonen, dass sie keine Naturpolizisten seien. Ihre Aufgabe sei es, das Sprachrohr für die Natur zu sein, für die Natur einzustehen und die Seebesucher zu informieren. Ich höre aufmerksam zu und versuche meine Notizen zu machen. Doch ich merke schnell, dass der Beruf so vielseitig und Peter Wyss mit Leib und Seele Ranger ist, dass ich mit Stichworten nicht festhalten könnte, was ich im Moment, nebst den Worten, von meinem Gesprächspartner alles wahrnehme. Ich wechsle zur Audioaufnahme.
Nebst einer breitgefächerten Fachkompetenz in der Natur- und Tierwelt sollten die Ranger die Fähigkeit besitzen, strategisch handeln zu können, ebenso gehören Empathie und eine gute Kommunikation dazu. Während wir den idyllischen Seeuferweg entlang schreiten, begegnen wir einer kleinen Kitagruppe und ich kann beobachten, wie Wyss die genannten Fähigkeiten gekonnt anwendet. Wir kommen mit der Leiterin ins Gespräch und Peter Wyss kniet sich hin, um die Kinder auf Augenhöhe zu begrüssen und mit ihnen zu scherzen. Die Leiterin und ich müssen beim Anblick dieses liebevollen Momentes schmunzeln. Danach erfährt die Kitaleiterin von Wyss, dass die Ranger auch Exkursionen und Veranstaltungen für Kinder anbieten. Interessiert nimmt die Leiterin die Karte von Wyss entgegen und wir verabschieden uns wieder.
Später erklärt er mir, dass es ihm wichtig sei, allen Menschen auf Augenhöhe zu begegnen. Zudem haben alle Ranger in seinem Team Kurse für pädagogische Kommunikation absolviert. «Hut ab», denk ich mir, bei der immer länger werdenden Liste an Skills. Währenddessen sind wir beim nächsten Steg angekommen. Wir beobachten das dicht gewachsene Schilf, besser gesagt das Tierleben darin. «Hier hinten ist eine Biberburg, es ist gerade die Zeit, in der sich die Jungbiber manchmal blicken lassen», meint der Ranger. Neugierig halten wir Ausschau – leider ohne Erfolg. Immerfort fällt mir auf, dass Peter Wyss, nebst unserer Unterhaltung, stets die gesamte Umgebung registriert und alles genaustens im Blick hat, was um uns geschieht.
Die Liste ist noch nicht beendet
Beim Zurückgehen Richtung Campingplatz erfahre ich, dass die Rangers auch als Zwischenglied der Wildhüter, Förster und der Polizei fungieren. Dazu kommt die Kommunikation mit der Gemeinde und mit dem Kanton. Sie selbst sind bei der Gemeinde Meisterschwanden angestellt und daher ein politischer Verein. Mit Zwischenglied ist gemeint, dass die Rangers an vorderster Front sind und zuständig, verschiedenste Vorfälle und Ereignisse rund um den See an die entsprechenden Behörden weiterzuleiten, Situationen vor Ort richtig einzuschätzen, sowie Erstmassnahmen zu treffen. Wie ich finde, eine anspruchsvolle Verantwortung, die sie zu tragen haben.
Nun zusammengefasst: Das Wort «Allrounder» könnte für die Ranger erfunden worden sein. Egal ob Mensch oder Natur, haben sie eine breitgefächerte Kompetenz. Ich bin fasziniert und merke langsam, was Wyss meinte, dies sei kein Job, nur um Geld zu verdienen. Denn neben ihrem Fachwissen und ihren Eigenschaften, die sie benötigen, ist eine gewissenhafte Arbeit das Fundament ihres Engagements und kann vermutlich nur erfolgreich umgesetzt werden, wenn man so wie Peter Wyss und seine Truppe mit ganzem Herzen dabei ist. Ernüchternd finde ich, als der Ranger nebenbei bemerkt, dass es immer schwieriger sei, von den Regelverstossenden ernst genommen zu werden, da sie noch keine Kompetenz für die Erteilung von Bussen haben. Dabei könne ihnen auch schon mal ein Mittelfinger entgegengestreckt werden. Ich frage ihn, ob es nicht schwierig sei, sich von solchen Situationen distanzieren zu können. Er erwidert: «Sich abgrenzen zu können ist schon wichtig. Wenn ich im Rapport sehe, dass es bei einem Teammitglied einen Vorfall gab, biete ich immer meine Unterstützung an. Und sei es nur, kurz zusammen zu telefonieren. Das ist mir sehr wichtig.» Kein Wunder nennt ihn das Team auch liebevoll «Rangerpapa».
Unterdessen sind wir auf dem Weg Richtung Beinwil am See. Plötzlich hält Peter Wyss an und sagt: « Ich muss noch kurz was nachschauen.» Er nimmt seinen Feldstecher hervor und blickt damit in die Baumkrone. «Ah da ist er, auf der Fichte. Ein junger Turmfalke», ergänzt er erleichtert und drückt mir den Feldstecher in die Hand, damit ich ihn auch sehen kann. Er erzählt, dass er gestern einen Anruf erhielt, da Fussgänger einen Wildvogel leblos am Wegrand fanden, er sei hin und nach einem ersten Check habe er den Tierarzt Haller in Boniswil angerufen. Mit einer Katzenkiste transportierte Wyss den Turmfalken nach Boniswil. Der Untersuch ergab, dass der Vogel gesund sei, aber womöglich sehr erschöpft. Sie gaben ihm eine Verschnaufpause und verpflegten ihn, damit er wieder zu Kräften kam. Danach nahm ihn der Ranger wieder mit und liess ihn auf dem Feld zurück in die Lüfte steigen. Ein spürbar besonders schöner Moment für Peter Wyss. Im Verlauf des Morgens identifiziert Peter Wyss nebenbei immer wieder mal die Vogelarten anhand ihres Gesangs: «Hörst du den Vogel, das ist ein Specht.» Und ich, ich bin schlicht beeindruckt.
Eine Bereicherung
Die Zeit verging wie im Flug und mein Besuch bei Peter Wyss nähert sich langsam dem Ende. Während unseren Gesprächen nennt mir der Ranger noch einige Fakten. So bin ich verblüfft über die hohe Zahl, als er mir erzählt: «Hundehalter und Fahrradfahrer begehen die meisten Verstösse. Von den 600 Verstössen, die dieses Jahr bereits verzeichnet wurden, machen diese zwei Gruppen ganze zwei Drittel aus.»
Doch dank der Digitalisierung durch eine App seien diese Verstösse schnell erfasst und allfällige Wiederholungstäter registriert. Die App, welche zum wichtigen Arbeitsinstrument für die Rangers wurde, hat Peter Wyss in Zusammenarbeit mit dem Kanton entwickelt.Als wir uns gerade verabschieden wollen, kommt plötzlich nochmals Action auf. Ein Fahrradfahrer will gerade auf den Uferweg abbiegen. «Stopp, warten Sie kurz. Sie wissen, dass hier Fahrverbot ist?», fragt er den jungen Fahrer. Verneinend steigt er ab und schiebt das Fahrrad. Wyss bedankt sich und wünscht einen schönen Tag. Eine gute Gelegenheit zu sehen, wie er den Verstoss, wohlgemerkt den einzigen an diesem Morgen, mit ein paar wenigen Klicks in der App einträgt und somit gleich registriert. Die Arbeit mit der App sei eine grosse Erleichterung für ihn und sein Team, denn so könne er die ungeliebte Bürozeit minimieren und mehr Zeit als Ranger draussen in der Natur verbringen. «Ich liebe es an diesem Job, in der Natur sein zu dürfen und für diese einzustehen. Ich liebe aber auch die Kommunikation mit dem Menschen und überhaupt an diesem schönen See zu sein», betont er wertschätzend. Ich verabschiede mich und fühle mich mit Dankbarkeit erfüllt und hoffe inständig, dass die Ranger von allen Seebesuchern die Wertschätzung erhalten, die sie verdienen. Schliesslich ist es nicht zuletzt ihnen zu verdanken, dass der Hallwilersee ein Kraft- und Erholungsort für alle ist. Dank ihrem Engagement, welches verdient gewürdigt zu werden, wird der Hallwilersee auch in Zukunft «die Perle des Mittellandes» bleiben.
World Ranger Day
Am 31. Juli, am «Welt-Ranger-Tag», machen Rangerinnen und Ranger überall auf der Welt mit Aktionen auf ihre Arbeit und den oft gefährlichen, manchmal gar tödlichen Einsatz für die Natur aufmerksam.
Auch der Hallwilersee Rangerdienst macht mit: Anlässlich dieses Tages findet am Samstag, 26. Juli 2025, vor dem Schloss Hallwyl, eine Informationsveranstaltung statt. Das Motto dieses Jahr sind die «Rabenvögel».
Interessierte und Neugierige können mit den Rangerinnen und Rangern vor Ort ins Gespräch kommen und viel Wissenswertes über die Rabenvögel und die Arbeit von hauptamtlichen Naturschützerinnen und Naturschützern weltweit erfahren.
«Blickwechsel»
Unsere Region hat viel zu bieten. Sei es Kultur, Sport, Soziales, Musik oder Natur. Gleichgesinnte, gleiche Bedürfnisse oder Tätigkeiten bewegen Menschen dazu, sich in Vereinen zusammenzuschliessen. Ich selbst würde mich nicht als Vereinsmensch bezeichnen, obwohl mir der Gedanke, zusammen ein Hobby oder ein Herzensberuf auszuüben, Gemeinsames erarbeiten und erleben sehr gefällt. Das Bestehen solcher Zusammenschlüsse ist für unsere Region enorm wichtig. Wie bedauernswert es doch wäre, wenn es zum Beispiel keine Turnerabende mehr gäbe? Leider höre ich oft den Wunsch nach mehr Mitgliedern. Nun ist es an der Zeit, den Blick von innen nach aussen zu richten. Deshalb probiere ich verschiedene Aktivitäten in Vereinen und Institutionen aus, um mehr über das Vereinsleben und regionale Tätigkeiten zu erfahren.
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