Steht bei Ihnen im Garten ein Öpfubäumli oder ein Öpfelbäumli? Spricht man im Wynental noch wie vor hundert Jahren? Ein Team der Universität Zürich geht der Mundart von heute auf den Grund.
«Hinter unserem Haus stehen drei schöne Apfelbäume mit roten Äpfeln.» Diesen und weitere Sätze mussten Schülerinnen, Schüler oder Lehrpersonen in den Jahren 1933/34 übersetzen, um Auskunft zu ihrem Dorfdialekt zu geben. Insgesamt 40 solche hochdeutschen Sätze, nach ihrem Erfinder Georg Wenker «Wenkersätze» genannt, wurden mit einem Fragebogen in der Deutschschweiz erhoben. Die Übersetzungen wurden meist fein säuberlich von Hand erstellt, so beispielsweise für Zetzwil: Hēnder öisem Huus stönd drü schöni Öpfubäumli mìt rote-n-Öpfle.
Auch heute ist das Interesse an der Mundart ungebrochen. Doch anstatt Fragebogen zu verschicken, nutzt ein Team der Universität die App «nöis gschmöis,» um zu untersuchen, wie das Schweizerdeutsche heute verwendet wird. Die Nutzer erfassen ihren Dialekt, indem sie Wörter und Sätze in ihrer Mundart wiedergeben. Die so gesammelten Daten geben nicht nur einen Einblick in das heutige Schweizerdeutsch, sondern bieten auch die Möglichkeit, Vergleiche mit älteren Daten, wie beispielsweise den Wenkersätzen, anzustellen. Heisst es im Wynental immer noch Öpfubäumli respektive in Gränichen gar Öpfubäumle oder unterdessen doch eher Öpfelbäumli? Isst man immer noch das typische Aargauer Bräusi – in Luzern Brausi – oder doch eher Rösti? Und wie beständig ist die Lautung im oberen Wynental, wo traditionell Chiue und Frou gesagt werden und nicht Chile und Frau? Lebt auch die für viele wohl eigenartig klingende Konstruktion Do wird’s gschaffet anstatt einfach Do wird gschaffet weiter, die in Oberkulm um 1900 dokumentiert wurde?
Ein erstes Resultat aus der App nöis gschmöis liefert die Karte, die zeigt, wie vielfältig die Bezeichnungen für einen runden, flachen Kuchen mit Apfelschnitzen sind. Für das Wynental ist Wääje die verbreitetste Bezeichnung. Der Vergleich mit älteren Sprachdaten zeigt, dass es sich dabei um die traditionelle Bezeichnung für diesen Kuchen im Tal handelt. Ob darauf aber Öpfuschnitz oder Öpfelschnitz sind, gilt es noch zu klären.
Matthias Friedli
Am 14. Oktober lädt das Team der App nöis gschmöis nach Aarau ein, um sich vor Ort mit dem Aargauer Dialekt auseinanderzusetzen. In einem Workshop mit den Mundartexperten werden aktuelle Umfrageresultate zum Dialekt gemeinsam besprochen und weitere Besonderheiten der Mundart entdeckt. In einer Podiumsdiskussion sprechen die Aargauer Poetry-Slammer Jeremy Chavez und Manuel Diener sowie die Schriftstellerin Nathalie Schmid über ihren persönlichen Zugang zum Dialekt. Weitere Infos sind unter www. gschmois.uzh.ch zu finden.
Die App nöis gschmöis kann kostenlos im App Store oder bei Google Play heruntergeladen werden.
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