Moment bitte... mit Nelly Locher

Fr, 24. Nov. 2017
Zeitungsausschnitt "Moment Bitte"

Und? Wie lebt es sich im Neubau der Altersresidenz Falkenstein Menziken? Nachgefragt bei Nelly Locher, die im hohen Alter von 101 Jahren ihre eigene Wohnung gegen ein neues Zuhause im «Falkenstein» eingetauscht hat.

 

Von Martin Suter

Noch zirkulieren auf dem Vorplatz der Altersresidenz Falkenstein in Menziken nebst den Besucherautos und Lieferwagen regelmässig auch Fahrzeuge von Handwerkern. Der Erweiterungsbau mit einer neuen Pflegestation, zwei Demenz-Wohngruppen mit integriertem, geschütztem Garten und weiteren Ferienzimmern sowie 32 Pflegeplätzen ist weitgehend abgeschlossen. Im Innern des Neubaus scheint alles bereits am richtigen Ort zu sein, und der grosszügig konzipierte Empfang mit öffentlichem «Residenz Café» wirkt einladend. Anfang November 2017 sind die ersten Bewohnerinnen und Bewohner in den insgesamt 32 neuen Zimmern eingezogen.

DasWB Wynentaler Blatt hatte Gelegenheit, sich mit Nelly Locher, einer Bewohnerin der ersten Stunde zu unterhalten. In einem ungezwungenen Gespräch schilderte uns die mit ihren 101 Jahren hochbetagte Frau ihre ersten Eindrücke und Erfahrungen.

Frau Locher, was hat Sie bewogen, ihren Wohnsitz in die Altersresidenz Falkenstein zu verlegen?

Den Ausschlag gab im Grunde genommen meine liebe Cou- Cousine. Sie machte sich stets Sorgen, ob mich meine eigene Wohnung im Grünauhof nicht doch langsam überfordern würde. Wissen Sie, ich habe bis vor wenigen Wochen meinen Haushalt inklusive Kochen und Einkaufen noch selber geführt – mit Unterstützung der Spitex wohlverstanden.

War das für Sie ein schwerer Schritt, die eigene Wohnung zu verlassen und in ein Alters- und Pflegeheim zu ziehen?

Im ersten Moment machte mir der Gedanke, in ein Altersheim umzuziehen, schwer zu schaffen. Doch ich wusste und musste einsehen, dass ich in meinem Alter nicht mehr in der Lage sein werde, auf die Dauer alle anfallenden Aufgaben selber zu meistern. Mittlerweile habe ich mich hier bereits gut eingelebt und im Falkenstein viele gute und liebe Menschen gefunden. Heute bin ich froh, hier zu sein. Ich fühle mich total «libre», seit sich meine Cou-Cousine um alle Pflichten und Formalitäten im Zusammenhang mit meiner Person kümmert.

Was gefällt Ihnen an Ihren neuen Zuhause ganz besonders?

Dass ich mein grosszügiges Zimmer mit meinen eigenen Möbeln so einrichten konnte, dass ich mich auch hier wie zu Hause und entsprechend geborgen fühle. Was ich besonders schätze, sind die praktischen Einbauschränke und natürlich die eigene, grosszügige Nasszelle. Und dann natürlich die fantastische Aussicht! Schauen Sie mal zum Fenster hinaus! Gerade gestern herrschte wieder eine wunderbare Abendstimmung.

Sie vermissen also nichts?

Nun gut, anfänglich dachte ich, ein Teppich am Boden wäre auch kein Luxus. Mittlerweile bin ich zur Erkenntnis gelangt, dass ein Boden ohne Teppich auch grosse Vorteile hat, insbesondere was die Sauberkeit betrifft. Schon nach wenigen Tagen habe ich mich daran gewöhnt und heute vermisse ich den Teppich nicht mehr.

Gibt es auch Dinge, mit denen Sie sich zuerst anfreunden mussten?

Im Grunde genommen nicht. Natürlich ist der Tagesablauf hier etwas anders strukturiert als früher zu Hause. Aber es herrscht Ordnung und es gibt eine klare Linie,ohne dass ich das Gefühl habe, es würde in irgend einer Art und Weise übertrieben. Gutes und regelmässiges Essen ist für ältere Menschen nicht nur notwendig, sondern auch ein wichtiger Bestandteil der Tagesstruktur.

Was hat der Falkenstein punkto Küche zu bieten?

Beim Essen gibt es meiner Meinung nach nichts zu reklamieren. Ich schätze einfache, gute Mahlzeiten und bin so gesehen überhaupt nicht «gschnäderfrässig». Grossen Appetit habe ich ohnehin keinen mehr.Das ist für mich allerdings kein Unglück, ich kann es auch nicht ändern.

Wie erleben und verbringen Sie Ihre Tage im Falkenstein?

(… greift nach der Hauszeitung) Sehen Sie mal, was uns Bewohnern hier alles geboten wird. Anlässe und Aktivitäten wie Kochen, Vorlesen, einmal pro Woche eine Andacht und so weiter. Dann und wann stehen die Fusspflege oder Besuche beim Coiffeur auf dem Programm… also Langeweile kommt hier bestimmt keine auf.Wenigstens bei mir nicht.

Waren Sie schon immer im Wynental wohnhaft?

Nein, ich bin eine Emmentalerin. Mein Arbeitsplatz war eine Zigarrenfabrik in Wasen. Hier arbeitete ich im Büro. Eines Tages eröffnete uns der Chef, dass die Fabrik aufgrund der immer aggressiveren Antiraucher-Kampagnen ihren Betrieb einstellen müsse. Mein Chef von Weber Söhne, Herr Hansjörg Weber, bot mir dann eine Stelle in Reinach bei der ATAG an. Das Büro befand sich im Handelshof. Wie wir heute alle wissen, hat auch der damalige Zusammenschluss innerhalb der Branche die seinerzeit noch zahlreichen Zigarrenfabriken nicht vor dem Untergang bewahren können.

Waren Sie verheiratet und haben Sie eine Familie?

(… lächelt) Nein, das Schicksal hatte anderes vor mit mir. Man könnte auch sagen:Ich hatte nie Zeit für einen Mann …Mein lieberVater starb, als ich erst 11 Jahre alt war. So kümmerte ich mich später hauptsächlich um meine Mutter und Geschwister und pflegte über all die Jahre viele gute Freundschaften. Sie reisten in jüngeren Jahren mehrmals nach Amerika.

Was hat Sie dazu bewogen?

Amerika war zur Heimat meiner verstorbenen Schwester geworden. Sie fühlte sich in diesem Land oft einsam und bat mich von Zeit zu Zeit: «Chomm öbere, i ha längi Ziit!» So kam es, dass ich mindestens 20 Mal den Ozean überquert habe und nach Amerika gereist bin.

Wie zufrieden sind Sie im Rückblick mit Ihrem Leben?

Sehr zufrieden und dankbar! Ich darf sagen: Ich hatte ein schönes Leben. Jetzt, im hohen Alter, wird manches schwieriger. Das Gehör lässt nach und das Augenlicht schwindet. Und viele gute Freunde und Bekannte sind längst weggestorben. Ich möchte mit meinem Schicksal überhaupt nicht hadern, aber es wäre doch langsam an der Zeit, dass ich mit meinen 101 Jahren auch gelegentlich gehen dürfte. Meinen Sie nicht auch…?

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