Wie sieht der Alltag einer Journalistin aus? Wie kommt sie zu ihren Geschichten? Was fragt man in einem Interview? Diesen sowie vielen weiteren Fragen sind die jungen Reporterinnen und Reporter in ihrem Ferienspass-Kurs nachgegangen.
Red. Kurz vor acht Uhr beim Strandbad Beinwil am See. Manche der späteren Gäste werden noch schlafen, andere beim Frühstück sitzen. Doch Silvan Suter und sein Team sind fleissig bei der Arbeit: Getränke ausladen, die entsprechenden Auslagen auffüllen, Kontrolle der Liegeflächen, Reinigungsarbeiten und Unzähliges mehr. «Hier liesse sich Neugierigen zeigen, wie eine Reportage funktioniert», dachten sich Graziella Jämsä und Heidi de Luca vom Wynentaler Blatt bei den Vorbereitungen. Auf ihre Anfrage folgte umgehend eine Zusage vom Strandbadleiter: «Wir freuen uns, einen Einblick in unseren Alltag zu geben. Selbstverständlich stehen wir gerne für ein Interview zur Verfügung.»
So kam es, dass zehn wissbegierige Ferienspass-Teilnehmende nach einer kurzen Einführung Fragen für ihr Gespräch mit Melanie Rüeger zusammentrugen. Die gelernte Drogistin, Schwimmlehrerin und Bademeisterin erwies sich als die perfekte Interviewpartnerin. «Bei gutem Wetter haben wir oft über 1000 Gäste. Da brauchen wir immer zwei Bademeister vor Ort.» Eine Person sei am See. «Die zweite kümmert sich um die grossen und kleinen Verletzungen, die es in einer Badi gibt.» Bienen- und Wespenstiche kämen häufig vor. Manche bekämen auch Kopfschmerzen bei zu viel Sonne. «Es gibt aber auch Schnittverletzungen an den Füssen. Das kann von Steinen, zerbrochenen Muscheln oder leider auch von Glasscherben kommen. Darum empfiehlt es sich, Badesandalen anzuziehen.» Fleissiges Nicken in der Runde.
«Wie rufe ich überhaupt um Hilfe, wenn ich nicht weit zu jemandem hinlaufen kann?», wollte ein Junge wissen. «Das kann ich euch bei einem Rundgang zeigen.» Die Kinder packten ihre Blöcke und folgten Melanie Rüeger gespannt. So lernten sie nicht nur die drei SOS-Säulen kennen, sondern auch die Regel zur Grenzleine. «Vielleicht habt ihr euch gefragt, wie sollen zwei Bademeister auf 1000 Leute aufpassen? Das ist eine gute Frage – die Antwort lautet: Das ist gar nicht möglich.» Melanie Rüeger hielt einen Moment inne, bevor sie weitersprach. «Darum haben wir mit der Leine einen Bereich vom See abgetrennt, der überschaubar ist. Wer sich innerhalb bewegt, ist sich bewusst, dass er vielleicht nicht supergut schwimmen kann und die Sicherheit durch einen Bademeister zu schätzen weiss.» Wer sich ausserhalb der Leine bewege, übernehme die volle Verantwortung für sich im Wasser.
Es geht um Sekunden
Die Gruppe bewegte sich Richtung Steg. «Das ist mein Brett», erklärte Melanie Rüeger. «Damit bewege nicht nur ich mich sicher auf dem Wasser, daran kann sich auch jemand festhalten, der eine kurze Pause braucht.» Als sie kurzerhand eine Showrunde paddelte, hakte ein Mädchen nach. «Hast du immer Badekleider an, wenn du arbeitest?» Die Bademeisterin nickte. «Ja, das ist selbstverständlich. Wenn jemand zu ertrinken droht, geht es um Sekunden, da hast du keine Zeit, lange Hosen auszuziehen.» «Musstest du schon einmal jemanden retten?» «Nein, zum Glück noch nicht. Aber selbstverständlich trainiert man regelmässig, um im Notfall richtig zu reagieren.» Die Nachwuchsjournalisten schwiegen beeindruckt. Melanie Rüeger beendet den Rundgang vor der Tafel mit der Badeordnung. Aufmerksam studierten die Mädchen und Jungen die Regeln, deren Bedeutung ihnen an diesem Tag sehr bewusst geworden ist.
Beim Kiosk erwartete sie schon Daniela Schmid, die als guter Geist überall mitanpackt. Sie beantwortete eine wichtige Frage: Wie viele Pommes werden an einem heissen Tag in der Badi gegessen? «Es kann vorkommen, dass wir 100 Kilogramm Pommes Frites verarbeiten», antwortete Daniela Schmid mit einem Lächeln. «Da wird einem als Koch bei der Fritteuse schon mal warm.» «Und welches Glace verkauft ihr am häufigsten?» «Das ist sehr verschieden. Manchmal laufen die fruchtigen besser als Milchglace – die Magnum-Reihe ist insgesamt sehr beliebt.» Parallel zum Gespräch konnte man beobachten, wie die frischen Waren verstaut wurden. Daniela Schmid öffnete die geheimen Türen von Kühlund Gefrierschrank. «Ui, da kann man nicht in kurzen Hosen rein», lautete ein Kommentar. «Glaub mir, wenn du hier arbeitest, wird dir nicht kalt – denn das muss alles schnell gehen. Keiner will aufgetaute Glace.» Kurz nach halb elf bedankten sich die jungen Reporterinnen und Reporter bei Daniela Schmid und beendeten das zweite Interview. Der Blick hinter die Kulissen des Strandbades Beinwil war ein journalistisches Abenteuer gewesen. «Ich habe mir das alles anders vorgestellt», meinte einer der Teilnehmenden. Ein anderer warf ein: «Eigentlich habe ich jetzt Lust auf Pommes.» Graziella Jämsä und Heidi de Luca waren dankbar, dass sich das Team von Silvan Suter parallel zum normalen Betrieb so viel Zeit für seinen Besuch genommen hat. Sie sind sich einig: «Die immer neuen Eindrücke sind das Glück unseres Berufes. Und wer weiss, welche Geschichten die Ferienspass Teilnehmenden eines Tages schreiben werden.»
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