Generation Alpha
Ich halte mich ja für einigermassen auf dem aktuellen Stand, was die Anwendung von Technik angeht. Tagsüber tippe ich am Computer meine Texte in die Tasten, in meiner Freizeit schneide ich regelmässig Videos, in Restaurants bezahle ich mit Karte oder Twint und ich schätze es, wenn mir ein bequemer QR-Code das mühselige Abtippen einer langen Webadresse abnimmt.
Trotzdem schluckte ich leer, als meine Frau mich vor einiger Zeit bat, das Tastaturlayout auf ihrem Smartphone, das sich selbstständig auf Englisch umgestellt hatte, wieder zurückzuändern. Vor meinem geistigen Auge sah ich mich schon durch 50-minütige Youtube-Anleitungsfilmchen durchkämpfen, um zu merken, dass die gezeigte Lösung für das Smartphone meiner Frau eben genau nicht funktioniert. Und ich erinnerte mich an eine Episode bei einem früheren Arbeitgeber, in der ich ein Gerät, das irrtümlicherweise auf chinesische Sprache umgestellt wurde, nur deshalb korrigieren konnte, weil im ersten Stock ein aus China stammender Arbeitskollege im Reigen der Schriftzeichen das richtige Menü anwählen und die Einstellung zurück auf «German» stellen konnte.
«Lass mich mal ran!», schubste mich meine damals 12-jährige Tochter beiseite, schnappte sich das Gerät, tippte wenige Sekunden lang auf dem Display herum und gab es − nun mit der richtigen Tastatur-Einstellung − ihrer Mutter zurück.
Da frage ich mich, woher dieses Wissen kommt? Schliesslich sah ihr Kindertelefon aus wie meines vor gut 50 Jahren: Ein Tischmodell mit 4 bunten Rädern, Kulleraugen, Schnur zum Ziehen, bimmelnde Glöcklein und ... Wählscheibe!
Ich glaube ja, die heutigen Kinder kommen alle mit einem zusätzlichen Gen zur Welt: das Alpha-Gen. Dieses lässt die Daumen beider Hände mit zusätzlichen Gelenken wachsen, so dass sie mit ihnen schneller schreiben können als ich im Zehnfinger-System. Die Generation Alpha umfasst Menschen, die ungefähr von 2010 bis 2025 geboren wurden oder werden. Die Generation Alpha wächst in einer stark digitalisierten Welt auf, die von Technologie, künstlicher Intelligenz und sozialen Medien geprägt ist. Ob das immer zu ihrem Vorteil ist, diese Frage kann hier nicht abschliessend beantwortet werden. Aber immerhin hilft es beim Umstellen des Smartphones auf die richtige Spracheinstellung − oder beim Finden des passenden Videos.
Roland Marti
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