Streif licht

Do, 04. Dez. 2025

User Needs

Der Begriff «User Needs» ist mir in den letzten Wochen etwas zu oft begegnet. Ausgesprochen wird er «iuser niids» und bedeutet in unserer Sprache «Nutzerbedürfnisse». Wie Sprachwissenschaftler darauf kommen, englische Begriffe würen unsere Verständigung verbessern, ist mir ein Rätsel. Ich vermute jedoch, er hat einen «Pain Point» ermittelt, oder wie es normale Menschen sagen würden: der Schuh hat irgendwo gedrückt.

Bei meinen Begegnungen mit den «User Needs» ging es um Medien. Eine Referentin hielt fest, dass die Nutzer eine Erwartung an die Medien hätten und diese von den Medien zu befriedigen seien. Junge Menschen würden sich in Kurzvideos über das Wesentliche informieren, während Pendler Schlagzeilen auf der Fahrt ins Geschäft aufsaugen. Nur ein älteres Publikum, so die Referentin, habe Zeit, um sich genauer zu informieren und greife deshalb am ehesten auf eine Zeitung zurück.

Zum Leidwesen des älteren Publikums ist die werberelevante Altersgruppe im Bereich der 14- bis 49-Jährigen angesiedelt – auch so eine wahllos gezogene Linie – weshalb die Bedürfnisse der über 50-Jährigen erst mal nicht so wichtig sind. Dafür werden die «User Needs» der unter 50-Jährigen so richtig gut bedient: Auf Tik-Tok erscheinen täglich 34 Millionen Kurz-Videos, mit sich lustig bewegenden Texten und mit aufregender Musik.

Sie finden das viel? Auf Facebook sind es 8 Milliarden Videos, bei Snapchat gegen 10 Milliarden. Um alle Videos schauen zu können, die an einem einzigen Tag in den Sozialen Medien veröffentlicht werden, bräuchte man 5000 Jahre. Da benötigen sogar junge Menschen Hilfe bei der Auswahl und die bekommen sie auch, dank des Algorithmus: Wird das Katzenvideo länger angeschaut als die Botschaft des Aargauer Regierungsrats zu den Gemeindefinanzen, werden mehr Katzen und weniger Regierungsräte angezeigt. So einfach ist das. Die Sozialen Medien errechnen so Benutzerbedürfnisse – und da wären sie also wieder, die «User Needs».

Die eingangs erwähnte Referentin sagte, dass Medien die Bedürfnisse der Nutzer befriedigen müssen. Wenn ich sehe, wie die sozialen Medien das so umsetzen, stimme ich dieser Aussage nicht zu. Die Aufgabe der Medien ist es nicht, schönes Wetter vorzuspielen, während es draussen wie aus Kübeln schifft. Deren Aufgabe – also auch die des «Wynentaler Blatts» – ist es, Neuigkeiten spannend und fair zu transportieren. Dazu gehören auch unangenehme Themen wie die Gemeindefinanzen. Ohne sich lustig bewegende Texte und ohne aufregende Musik. Auf diese Aufgabe freue ich mich in neuer Funktion sehr. Schön, wieder hier zu sein.

Remo Conoci

Kategorie: 

Neuen Kommentar schreiben

CAPTCHA
Diese Frage soll automatisierten Spam verhindern und überprüft, ob Sie ein menschlicher Besucher sind.

Kommende Events

Stellen

Immobilien

Diverses

Trending

1

«Wir wollen etwas bewegen»

Über 60 Prozent der wählenden Menzikerinnen und Menziker wählten am vergangenen Sonntag Ursula Friederich als neuen Gemeindeammann. Bereits am Montag stand sie dem Wynentaler Blatt Red und Antwort.

Frau Friederich, seit Ihre Wahl feststeht, sind noch keine 24 Stunden vergangen. Wie geht es Ihnen?

D…