Streif licht

Mi, 24. Dez. 2025

Veränderung

Haben Sie es schon bemerkt? Vielleicht sogar bereits einmal ins Leere gegriffen, als Sie sich ein Exemplar sichern wollten? Ja, die Pendlerzeitung «20 Minuten» gibt es ab heute nicht mehr in gedruckter Form, sie liegt nicht mehr an Bahnhöfen, Bushaltestellen und weiteren neuralgischen Punkten in den bekannten, blauen Verteilboxen. Seit Dezember 1999 lag die Zeitung griffbereit da und veränderte mit ihrem Format (Tabloid), mit ihrem Preis (gratis) und ihrem Inhalt (meist reisserisch aufgemachte News in kurzen Texten) sowohl die Medienwelt wie auch das Leserverhalten.

Auch ich konnte während meiner Zeit, als ich täglich zwischen Aarau und Basel pendelte, der Verlockung nicht widerstehen, in 20 Minuten alles zu erfahren, was in der weiten Welt passiert. Der Gang zur blauen Box gehörte zum Arbeitsweg. Lang, lang ists her.

Inzwischen erinnere ich mich nicht einmal mehr, wann ich letztmals so ein Gratisblatt in den Händen hielt. Sporadisch, aber sehr selten, lande ich auf dem Online-Portal von «20 Minuten». Ich wüsste auch nicht, wo diese Verteilboxen noch stehen. An den Bahnhöfen in Menziken und Reinach waren gestern die einzigen blauen Boxen, die ich fand, PET-Sammelcontainer. In Spitzenzeiten wurde «20 Minuten» in einer Auflage von fast 600'000 Exemplaren verteilt. Die Vermutung liegt nahe, dass viele ehemalige Papier-Leser auf Online umgestiegen sind. Zur Beruhigung all dieser Online-Leserschaft: Das Portal verschwindet nicht von der Bildfläche.

Verschwinden dürften aber, wie schon ihre «Verwandten» von «.ch», «News», «Blick am Abend» et cetera, die Verteilboxen. Und falls diese wider Erwarten doch stehen bleiben, hätte ich einige Vorschläge für eine Zweitnutzung: Mini-Pendlerbibliothek zum Gratis-Austausch von Kurzlektüre. Schirm-Sharing-Station für Regentage. Depot-Box für gefundene Handschuhe. Automat für Notfall-Fondue-Sets. Schalldichte Gratis-Schimpfstation fürs spontane dem-Ärger-Luft-machen. Oder eine Zeitkapsel, in die wir eine an uns adressierte Postkarte einwerfen mit unserer Liste «Das nervt mich heute:». Ich wäre mal gespannt, ob wir in 20 Jahren nicht herzhaft darüber lachen könnten. So wie vielleicht schon heute über den Untergang einer Zeitung ohne Tiefgang.

Roland Marti

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