Abschied von einem nie getroffenen Freund

Fr, 07. Jul. 2017
Roland Hämmerle (zVg.)

Zum Gedenken an Roland Hämmerle

Vor etwa zweieinhalb Jahren redigierte ich zum ersten Mal einen Bericht von Roland Hämmerle für das Wynentaler Blatt, ich glaube es war ein Text über ein Krippenspiel. Die Art, wie der Sozialdiakon der reformierten Kirchgemeinde Gontenschwil- Zetzwil den Anlass schilderte, liess mich ihm zurückschreiben. Der Artikel sei so gut, schrieb ich ihm, den könne man unmöglich als «Eingesandt » anschreiben, da gehöre sein Name darunter. Und er bekomme für die Zukunft ein Kürzel, wie es sich gehört für gute Autoren und ob «rh.» für ihn recht sei.

Roland Hämmerle liess mich wissen, es sei ihm eine Ehre und das sei eine freudige Nachricht für ihn und das an einem Dienstag! Ihm falle das Schreiben leicht, denn vermutlich sei es ihm in die Wiege gelegt worden. Sein Vater habe schon als freier Korrespondent für das Zofinger Tagblatt geschrieben und habe sich später um den Landanzeiger gekümmert. Leider kann ich ihn nicht mehr fragen, ob vielleicht dieses Kürzel sein Antrieb gewesen sei, von jedem seiner lebendigen Anlässe einen Bericht zu schreiben und sogar die Kamera zu zücken.

Die Zeilen, die wir zuletzt austauschten, drehten sich ebenfalls um einen Artikel. In der Redaktion warteten wir vergeblich auf den «Sonntagsgedanken », der auch in dieser Zeitung wieder auf der Agendaseite der Freitagsausgabe zu finden ist. Ob er mir aus der Patsche helfen könne, fragte ich ihn. Binnen zwei Stunden schenkte er mir einen Text, aus dem Leben gegriffen, wortgewandt, wie immer. Jetzt müsse er aber sofort an den Flughafen. Die vorgesehenenAutoren hätten viel um die Ohren, erklärte er, aber er mache das gerne und «weil Sie es sind», schrieb er. Es sollte unser letzter Kontakt bleiben, geführt auf Facebook, online geregelt.

Wir haben uns in all den Jahren kein einziges Mal persönlich getroffen und dennoch war jede Konversation herzlich und respektvoll, immer beim «Sie» bleibend, tauschten wir gelegentlich Gedanken aus, kaum so, als dass man uns Freunde nennen könnte. In keiner Sekunde dachte ich, dass die Chance nie wieder kommen würde, mit dem Sozialdiakon ein Bier zu heben. Das würde dann schon irgendwann klappen, dachte ich, und so führten wir selbst ein langes und spannendes Interview ebenfalls virtuell, eigentlich nicht greifbar, aber dennoch so nah, wie sich Menschen, die einander täglich sehen, selten begegnen.

Ich frage mich heute: kann man einen Menschen lieb haben, den man gar nie getroffen hat? Können alleine die Worte, die dieser Mensch gewählt hat, dazu führen, dass ich den Verlust jetzt auf gar keinen Fall wahrhaben will? Noch am Sonntag stand er mit staunenden Augen vor der Henzmannbrücke in Zofingen und machte ein Bild vom vielen Regenwasser. Ich war auch da, eine Unterführung südlicher. Wieder eine verpasste Chance. Roland Haemmerle verstarb zwei Stunden später, unerwartet, umumkehrbar. Er weiss, dass ich nicht so recht daran glauben kann, dass es nach dem Tod noch etwas gibt. Sollte ich mich täuschen, wäre es mir eine grosse Ehre, mit Ihnen ein Bier zu heben, mein Freund.

Remo Conoci Redaktor Wynentaler Blatt

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