Bonschuur
Vor zwei Jahren kam der Schweizer Spielfilm «Bon Schuur Ticino» in die Schweizer Kinos. Am vergangenen Sonntagabend erlebte der Streifen seine TV-Premiere im Schweizer Fernsehen. Falls Ihnen dieser Film nichts sagt; hier kurz zum Inhalt: Durch die Annahme der Initiative «No Bilangue» soll es in der Schweiz künftig nur noch eine Landessprache geben: Französisch. Viele deutschsprachige Schweizer stürzen in eine Krise. Darunter auch Bundespolizist Walter Egli (Beat Schlatter), der obwohl kaum Französisch sprechend, mit einem welschen Partner ins Tessin geschickt wird, um eine Widerstandsgruppe aufzuspüren, die mit allen Mitteln gegen das neue Gesetz kämpft. Nur knapp kann schliesslich der wegen der Abschaffung unserer Vielsprachigkeit drohende Bürgerkrieg abgewendet werden. Zumindest im Film.
In der Schweizer Realität laufen tatsächlich Bestrebungen, unsere bewährte Vielsprachigkeit zu torpedieren. In manchen Kantonen wird Englisch anstelle einer zweiten Landessprache in der Volksschule unterrichtet. In meinen Augen une catastrophe: Mehrere Kantone wollen kein Frühfranzösisch mehr in der Unterstufe!
Dabei bin ich als Viertel-Bilingue − aufgewachsen mit einer welschen Grossmutter, die auch nach 60 Jahren in der Deutschschweiz ihren starken französischen Accent nicht verheimlichen konnte − durchaus stolz auf meine Französischkenntnisse. Meine beiden Töchter teilen meine Begeisterung nicht, verbessern aber einigermassen fleissig mit einer Lern-App auf dem Handy ihr Vocabulaire. Trotzdem trauen sie sich nicht, das Gelernte in der Praxis dann gelegentlich anzuwenden, aus Angst, die Antwort nicht zu verstehen.
So nahm ich sie letzte Woche während eines Kurzaufenthalts in Frankreich an der Hand, um ihnen die Nützlichkeit guter Sprachkenntnisse zu demonstrieren. Gemeinsam gingen wir zur Dame im Touristenbüro, und ich glänzte locker und akzentfrei mit meiner Frage: «Est-ce que vous parlez français, madame?» Madame im französischen Tourismusbüro bestätigte mir sichtlich belustigt, dass sie der französischen Sprache durchaus mächtig sei. Wieso meine Töchter ausgerechnet meinen kleinen Fauxpas bemerkten und sich fast einen Schranz in den Bauch lachten, werde ich nie verstehen.
Roland Marti

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